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Das dritte Modul stellt exemplarisch zwei weitere Arbeitsschwerpunkte von COMMPASS dar. Die beiden Themen Lebensgestaltung und Diskriminierung setzen gezielt an der Lebenswelt der Schüler_innen
an. In Schule bekommen die Jugendlichen oft zu hören, dass ihre Träume und Berufswünsche unrealistisch seien und sie sich auf das Machbare konzentrieren sollten. Dabei sind Ziele und Visionen
elementar für die eigene Motivation und Sinngebung, gerade in unsicheren Phasen wie im Übergang.
Die Erfahrungen des Projekts zeigen, dass die Jugendlichen besonders interessiert am Thema Lebensgestaltung sind, wenn sie den Raum bekommen, ohne Einschränkungen und Kritik ihre Visionen und
Träume zu äußern. Die akzeptierende Grundhaltung der Teamer_innen führt zu einer Öffnung auf Seiten der Schüler_innen. Der nächste Schritt ist dann, die konkreten Ziele und Wünsche der
Jugendlichen „zu erden“, indem Wege und Lösungen für das Erreichen aufgezeigt werden und auf mögliche Hürden aufmerksam gemacht wird. Von Interesse sind dabei auch die Bedürfnisse, die hinter den
Lebens- und Berufszielen der Jugendlichen stecken. Wenn den Schüler_innen ihre Bedürfnisse bewusst werden, erhöhen sich die Chancen, dass sich ihnen mehr Handlungsmöglichkeiten und Alternativen
eröffnen und sie ihre Entscheidungen bewusster treffen.
Der zweite Arbeitsschwerpunkt Diskriminierung ist ein Thema, mit dem jeder Mensch – auf unterschiedliche Art – Berührungspunkte hat. Diskriminierung heißt, dass einzelne Menschen oder Gruppen
aufgrund von Merkmalen und Zuschreibungen als ungleich oder minderwertig angesehen und deshalb benachteiligt werden. Werkschüler_innen haben ihre Diskriminierungserfahrungen auf unterschiedlichen
Ebenen gemacht: Ausgrenzungen aufgrund von mangelnden schulischen Leistungen, Mobbing, aufgrund der Hautfarbe, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, gesundheitlicher Einschränkungen, der
Figur, der ethnischen Herkunft, der Religion etc. Vor allem diejenigen Schüler_innen mit sog. Migrationshintergrund (und da wiederum auch nur Personen mit bestimmten Merkmalen wie muslimisch,
dunkelhäutig, kopftuchtragend …) sind den unterschiedlichen Formen von Diskriminierung besonders ausgesetzt, wodurch ihre Identitätsbildung und -findung in der Gesellschaft erschwert wird. Die
aktuelle Studie „Deutschland postmigrantisch I“ des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) und dem Forschungsprojekt „Junge Islambezogene Themen in
Deutschland (JUNITED)“ besagt zwar, dass „Deutschsein […] offener [und] die Zugehörigkeitskriterien durchlässiger“ werden: „Heute kann auch dazugehören, wer nicht ‚deutsch‘ aussieht und nicht
seit Generationen deutsch war, aber die Sprache spricht und die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat – das finden über 80 Prozent der Gesellschaft. Aber gleichzeitig finden noch immer ca.
40 Prozent, dass man deutsche Vorfahren haben muss, akzentfrei sprechen soll und kein Kopftuch tragen darf. Exklusive Vorstellungen des Deutschseins bleiben also weiterhin stark und präsent.“
(Foroutan 2014).
- Seminarblock: Lebensgestaltung
- Seminarblock: Diskriminierung/Empowerment
Ziel
Jede_r Mensch hat verinnerlichte Werte, Normen und Ziele, die sein_ihr Handeln und Treffen von Entscheidungen beeinflussen und steuern. Vor allem jungen Menschen sind diese Werte, Normen und
Ziele weniger bewusst, was u. A. daran liegt, dass im System Schule die individuellen Bedürfnisse und Erwartungen weniger gefragt sind. Ziel dieses Seminarblocks ist es, mit spielerischen Übungen
das Bewusstsein der Jugendlichen für ihre eigenen Werte, Normen und Ziele zu fördern. Durch einen Austausch in Kleingruppen über Zukunftspläne und -vorstellungen wird das Spektrum an möglichen
Lebensentwürfen erweitert. Die Jugendlichen reflektieren ihre Erwartungen an sich selbst in ihren Rollen als Mann_Frau, Vater_Mutter, Bürger_in, Erwerbsarbeiter_in, Partner_in etc. und setzen
sich kritisch mit den Anforderungen der Gesellschaft an sie als Bürger_in auseinander.
Inhalt
Die Werteversteigerung ist eine mehrteilige Übung, in der die Jugendlichen auf der einen Seite mit Entscheidungsprozessen konfrontiert sind und auf der anderen Seite sich mit ihren Wünschen,
Werten und Vorstellungen über ein gelungenes Leben bewusst auseinandersetzen.
In der Übung Hochhaus der Möglichkeiten assoziieren die Schüler_innen frei und interpretieren die Zeichnung eines Hochhauses. Anschließend verorten sie sich in dem dargestellten Abbild der
Gesellschaft und begründen ihre Entscheidung und Lebenszielvorstellung.
Opoli ist eine Art Quiz, bei dem die Jugendlichen in Teams gegeneinander antreten und zu verschiedenen Kategorien Aufgaben lösen, um Punkte zu sammeln. In diesem Spiel dreht es sich inhaltlich um
die Bereiche Arbeit, Zukunft, Liebe, Freundschaft und Gender.
Methoden
- Werteversteigerung
- Hochhaus der Möglichkeiten
- Opoli
Ziel
Jede_r Mensch besitzt Vorurteile, die meisten davon sind unbewusst oder als solche nicht markiert. Vorurteile sind eine Ursache für ausgrenzendes bzw. diskriminierendes Verhalten (neben der sog.
individuellen Diskriminierung werden noch die strukturelle und institutionelle Diskriminierung unterschieden) (Liebscher/Frietzsche 2010, 34f). COMMPASS hat das Ziel, die Fähigkeit und
Handlungsmöglichkeiten der Jugendlichen zu unterstützen, mit alltäglicher erlebter Diskriminierung und Ausgrenzung angemessen und selbstbestimmt umgehen zu können.
In den Übungen reflektieren die Jugendlichen ihre eigenen Vorurteile und ihre erlebten Situationen von Ausgrenzung. „Wann wurde ich ausgegrenzt? Wann habe ich ausgegrenzt?“. Die Schüler_innen
erkennen Prozesse und Strukturen von Ausgrenzung und machen sich die eigenen und mögliche alternative Strategien im Umgang mit Ausgrenzung bewusst.
Inhalt
Die Übung Punkte kleben zeigt in kurzer Zeit und ohne große Vorbereitung Gruppenbildungs- und Ausgrenzungsprozesse auf.
Anhand des mehrmaligen Sortierens und Rankens einer Anzahl von Berufen entlang von Fragestellungen nach Status, Einkommen oder Migrant_innenanteil reflektieren die Jugendlichen diskriminierende
Aspekte gesellschaftlicher Strukturen.
In diesem Tauschspiel versuchen die Schüler_innen „ihre Identität“ durch das Austauschen von Merkmalen in die von ihnen gewünschte Richtung zu verändern. Am Ende werden noch einmal die
Wahrnehmungen, Urteile und Wünsche der Jugendlichen zu den vorgegebenen identitätsstiftenden Kategorien reflektiert.
Methoden
- Punkte kleben
- Berufe sortieren
- Wer und was bin ich?
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